Farben für die Seele

Rituale der letzen Tage:
morgens, abends Nachrichten hören, live-blog Corona lesen,
Telefonkonferenzen verabreden, Zoom-Videokonferenzen üben,
(meinen digitalen Analphabetismus überwinden)
Neue Verordnungen, Briefe der Landeskirche.
Ist alles bedacht? Geregelt?
Wohl kaum – die Situation ist uns allen neu.

Sorgen, Ängste, Unsicherheiten.
Panikmache, Beschwichtigungen, Verschwörungstheorien – alles begegnet mir.

Wir setzen die Bretter in den Boden. Rund um die Kirche.
Seelenbretter “Zwischen Hoffen und Bangen”
Der Hoffnung Worte und Farbe geben.

Das tut gut.

“Wir werden das schaffen.”

“Wir werden das schaffen.”
Ich bin überrascht von dem Satz und der Festigkeit, mit der eine Nachbarin – Ü 80, Risikogruppe – ihn sagt. Hat etwas tröstliches, in diesen Tagen – in denen morgen schon wieder alles anders ist, als das, was man heute geplant hat.

Unbequem, anstrengend – ja, auch beunruhigend sind diese Tage.
Aber den Schrecken von Corona haben wir hier in Deutschland noch gar nicht gespürt. So denke ich, wenn ich Bilder aus Italien und Spanien sehe.

…. Da kann man nichts machen – gut, wenn man was machen kann ….. Die Fülle an Texten, Predigten, Ansprachen – unser kirchlicher Versuch, den Schrecken “zu händeln”, handhabbar zu machen?
Mir ist schon klar – das ist nur eine Facette.
Die andere: es ist wichtig und gut, gerade jetzt miteinander in Kontakt zu bleiben, (neue Formen zu suchen), sich Worte des Mutes zuzusprechen.

“Wir werden das schaffen.”
Wieviel wird uns dieser Satz noch abverlangen?

Strange

Seltsame Tage.
Einige Momente lang ein leichtes Sonntagnachmittags-Gefühl in der Sonne.
Ein paar Spaziergänger auf der Brücke.
Es fehlt nur noch das Eis auf der Hand.

Dann wieder eine fast ausgestorbene Geisterstadt.
Leere Straßen. Die Geschäfte geschlossen.

Ich bekomme eine Ahnung, dass die nächsten Wochen schwierig werden können.
Ich mache zwei Telefonate, – einfach so, mal hören wie’s geht.
Freude am anderen Ende.

Italien – 600 Tote binnen eines Tages.
Corona bekommt ein grässliches Gesicht.

Die Losung für den heutigen Tag lautet:
” Der Herr deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit…” Psalm 27,5

… wie dich selbst

Wir sind / Ich bin nicht geübt in Zeiten wie diesen.
Darum fühlen sich die Gedanken, Entscheidungen und Fragen
dieser Tage so fremd und merkwürdig an.
Bagatellisiere ich? Dramatisiere ich?

Vieles wird in diesen Tagen angeordnet und behördlich geregelt.
Was ist sonst noch zu tun?

Vielleicht so viel:
Achte auf dich selbst und ermutige andere, es auch zu tun!
Summe dein Lieblingslied beim Händewaschen.
Erfinde neue, sichere Wege, um “Hallo” und “Auf Wiedersehen” zu sagen.
Stoppe einen Moment an der offenen Tür der Kollegin.
Pflege die Kunst, ein, zwei Anrufe zu machen,
bei denen, die isoliert, besorgt und verängstigt sind.
Sende einen extra Gruß an einen älteren Menschen,
der dir einfällt.

Eigentlich…

Eine Bildkarte für die Fastenaktion „7 Wochen anders leben.“
(vom Verlag “Andere Zeiten”)

„Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu.“

Merkwürdig. Was hat dieses Bild mit Fasten zu tun?
Mit Besinnung in der Passionszeit?
Das kleine Tier auf der Karte ist ein Zwiesel, so habe ich gelernt.

Wunderschön,
wie dieses Zwiesel im Schnuppern der Blume versinkt.
Ganz im Hier und Jetzt.
Die Augen geschlossen.
Ohne Angst vor Gefahr.
Jetzt ist nur diese Blume wichtig. Der wunderbare Duft.
What a wonderful world.

„Eigentlich bin ich ganz anders.“
Stimmt das?
Bin ich eigentlich ganz anders?
Oder bin ich so, wie ich eben bin, –
in meinen verschiedenen Rollen,
in der Schule, oder unter Freunden, bei Nachbarn,
in der Gemeinde,
zuhause in der Familie oder alleine.

Bin ich noch mehr, als das, was ich in verschiedenen Rollen lebe?
Was ruht in mir?
Was kriegt keine Stimme, bekommt keine Zeit,
oder bleibt bewußt unterm Deckel?
Was will “gelebt werden?”
Das wäre eine Frage…

Und das Tierchen auf der Bildkarte lauscht dem vielleicht gerade nach.
Ganz sehnsüchtig.

Fastenzeit hieße dann:
Mein “Eigentliches” atmen und klingen lassen
Zeit haben fürs Schnuppern, Lauschen,
Nach-sinnen, Aufspüren und freundlich in den Blick nehmen:
die Welt um mich herum und in mir selbst.

Was ist mir zu eigen?
Wie hat Gott mich – eigentlich – gemeint?
Wie bin ich denn von Gott gedacht?
Als Ebenbild, als Kind Gottes.

7 Wochen anders leben.
Zeit nehmen fürs Schnuppern und Lauschen.
Die neue Welt ahnen.
Der Sehnsucht Raum geben.
7 Wochen – denn ich komme sonst so selten dazu.

Mitten drin – zwischen Hoffen und Bangen

Das Thema für den 4. workshop “Seelenbretter malen” –
21 Bretter zu Hoffnung trotz oder in Angst und Trauer.
Intensives und schönes Arbeiten.

Dazu ein Gedicht von Hilde Domin:

“Nicht müde werden,
sondern dem Wunder – leise –
wie einem Vogel
die Hand hinhalten”

Es bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei –
aber am Größten ist die Liebe unter ihnen.” 1. Korinther 13




Adventliche Orte

Woher bekomme ich eine Holzleiter?
Hm, der Malerbetrieb um die Ecke könnte eine Möglichkeit sein.
“Herr G., leihen Sie mir eine Leiter für die Adventszeit?
Nach Weihnachten bekommen Sie sie wieder.” “Ok.”

Ich habe das Bedürfnis, auch im “Haus der Kirche”
dem Advent ein wenig Platz zu machen.
Also baue ich mit Leiter und Sessel, Zweigen und Kalender
einen kleinen Platz zum Verweilen.

Bin gespannt wie oft ich,
– wie oft andere dort im Treppenhaus anhalten werden –
Atem holen, sich 5 oder 10 Minuten schenken.

“Seht, die gute Zeit ist nah,
Gott kommt auf die Erde.
Kommt und ist für alle da,
kommt das Friede werde,
kommt das Friede werde.

Hirt und König, Groß und Klein,
Kranke und Gesunde,
Arme, Reiche lädt er ein,
freut euch auf die Stunde,
freut euch auf die Stunde.”

Evangelisches Gesangbuch Nr. 18 (Friedrich Walz, 1972)