Vielleicht der Beginn einer neuen Reihe? “Sonntagmorgen Gesichter”
(Was war gut / besonders an diesem Sonntagmorgen? Was war z.B. wichtig im Gottesdienst?)
z.B. Max after being at Judson Memorial Service:
“What was important? – I still think about the sermon. It was about seeing a grandpiano lifted up through a window without its legs – and the psalm “the earth belongs to the Lord” – so it was about creative ways to deal with obstacles we experience. And not to be afraid – because “the earth belongs to the Lord.”
Auf den vielfachen Wunsch eines einzelnen, stelle ich die Predigt vom heutigen Sonntag ein.
Liebe
Gemeinde,
Ungewohnt.
Wir sitzen doch sonst in Reihen hintereinander.
In der Kirche haben manche sogar ihre Lieblings-Bank.
Ihren festen Platz.
Hier im Saal
ist natürlich sowieso alles anders –
und jetzt sitzen wir auch noch im Kreis.
Die geschwisterliche Liebe
untereinander sei herzlich.
Nehmt euch der Nöte der Heiligen an.
Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden.
Seid eines Sinnes untereinander. (Römer 12, 9-16)
Liebe
Gemeinde,
die Sitzordnung heute ist die Auslegung zum Predigttext Römer 12.
Um sich mit dem anderen freuen zu können
oder um mit dem anderen weinen zu können – muß ich ihn sehen.
Muß ich ihm oder ihr ins Gesicht sehen können.
Dann sehe
ich vielleicht, dass…
Frau XXX heute gar nicht so munter lächelt wie sonst,
oder bemerke, dass Herr YYY ein bisschen
blass ist, ….
Und ich kann
fragen: Was ist los? Wie geht’s? Ist was passiert?
Einander sehen,
einander wahrnehmen.
Einer komme dem andern mit Ehrerbietung
zuvor.
Das gelingt dann vielleicht
Der Raum, in
dem wir Gottesdienst feiern,
erzählt darüber, wie wir uns als Gemeinde verstehen.
Oder vielleicht
verrät er erst einmal viel darüber,
wie Gemeinde gedacht wurde zu der Zeit, als dieser Raum gebaut wurde.
Unsre Kirche
am Markt ist eine klassische Predigtkirche.
Die Bänke dicht an dicht, nach vorne ausgerichtet.
Vorne, im Zentrum der Kanzelkorb – Ort der Predigt.
Den großen Altar gab es ja lange nicht, erst nach dem 2. Weltkrieg kam er dazu.
Zuvor stand dort ein kleines Abendmahlstischchen unter dem Kanzelkorb.
Der
Kirchraum war also vor allem als „Hörsaal“ gedacht –
Nicht sollte ablenken vom Hören auf das Wort Gottes,
auch nicht der Blick in das Gesicht der anderen.
Vorne stand
der Pfarrer, heute auch die Pfarrerin.
Einer, eine redet – alle anderen hören zu.
Schwierig, sich so als Gemeinde, als Gemeinschaft zu erleben.
„Wir feiern miteinander
Gottesdienst“ – fühlt sich ganz anders an,
wenn ich sehe, mit wem ich da feiere…
Wie wollen
wir als Gemeinde Gottesdienst feiern?
Wie sind wir Gemeinde?
Das beantworten wir auch damit, wie wir die Bänke und Stühle zum Gottesdienst
stellen.
„Das Leben
der Gemeinde“ –
so ist der Abschnitt im Brief des Paulus überschrieben.
„Erzählen Sie
mal was über Ihre Gemeinde“ werden Sie vielleicht auch mal gefragt
und dann beginnen wir aufzuzählen,
dass wir als Gemeinde 3 Kitas haben, ein Jugendzentrum,
eine Kantorei und große, oratorische Konzerte.
Wir erzählen von unserer alten Kirche, in der nun gerade die Decke renoviert
wird.
Und von Häusern, die in den vergangenen Jahren verkauft und abgerissen wurden.
Bonhoefferhaus, Tersteegenhaus, Arndthaus.
Erzählen wir
doch auch mal von den Begegnungen.
Von den vielen Besuchen, die in unserer Gemeinde stattfinden
bei Kranken und Nachbarn, die allein sind.
Der anregende Austausch im Frauen-Gesprächskreis „angedacht“.
Wie schön das
Erleben von fröhlicher Gemeinschaft in 60+ ist.
Wir könnten erzählen von Familien, die in den Kitas Unterstützung und Beratung
erleben.
Oder Eltern, die im Anschluß an die Kinderkirche gemeinsam Kaffee, Tee trinken und
sich Frust von der Seele reden.
Das Leben in
der Gemeinde.
Paulus sagt dazu: Verliert einander nicht aus dem Blick.
Begegnet euch mit Aufmerksamkeit und Fürsorge.
Übt Gastfreundschaft – ladet euch ruhig mal ein.
Und seid fröhlich – und geduldig.
Ich möchte
den Text aus Römer 12 gerne mit einem Abschnitt aus Matthäus 13 ergänzen:
Matthäus 13,
13-20
Als das Jesus hörte, entwich er von
dort in einem Boot in eine einsame Gegend allein. Und als das Volk das hörte,
folgte es ihm zu Fuß aus den Städten.
Und Jesus stieg aus und sah die
große Menge;
und sie jammerten ihn und er heilte ihre Kranken.
Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und sprachen:
Die Stätte ist einsam, und die Nacht bricht herein;
lass das Volk gehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich zu essen kaufen.
Aber Jesus sprach zu ihnen:
Es ist nicht nötig, dass sie fortgehen; gebt ihr ihnen zu essen.
Sie sprachen zu ihm:
Wir haben nichts. Wir haben nichts als fünf Brote und zwei Fische.
Und er sprach: Bringt sie mir her!
Und er ließ das Volk sich lagern auf das Gras
und nahm die fünf Brote und die zwei Fische,
sah auf zum Himmel, dankte und brach’s und gab die Brote den Jüngern,
und die Jünger gaben sie dem Volk.
Und sie aßen alle und wurden satt
und sammelten auf, was an Brocken übrig blieb, zwölf Körbe voll.
Jesus sieht
die Menge der Menschen und sie jammern ihn.
Er heilt ihre Kranken, spricht zu ihnen, lehrt sie.
Der Abend
bricht herein.
Jesus hat großes Zutrauen zu seinen Jüngern, er sagt:
„Wir müssen die Leute nicht fortschicken. Gebt ihr ihnen zu essen.
Und die
Reaktion der Jünger? Wir haben nichts. Wir haben nichts als
fünf Brote und zwei Fische
Das, was wir
zu geben haben, reicht nicht!!!
Der Blick
auf eine große Menge an Menschen,
Menschen, die Sorgen haben,
die in Not sind –
wir sehen sie in unsrer Nachbarschaft, Familie –
oder Menschen, mit denen wir beruflich zu tun haben.
Das
Weltgeschehen ist eine unfassbare Menge an erschreckenden, besorgniserregenden
Nachrichten.
Wir legen die Zeitung beiseite oder machen das Fernsehen aus,
weil wir es nicht mehr hören können.
Viele
Menschen in den USA werden depressiv,
weil sie sich einem Politikbetrieb ausgeliefert fühlen,
den sie ganz schrecklich finden und das Gefühl haben, nichts machen zu können.
Auch bei uns
nimmt die Politikverdrossenheit zu,
Leute gehen gar nicht mehr zur Wahl oder wählen rechts außen,
weil sie einen Denkzettel verteilen wollen.
„Ich kann nichts
machen.“
„Was soll das schon bringen.“ ist oft zu hören.
Und damit sind wir wieder bei den Jüngern am See Genezareth:
Das, was ich zu geben habe, reicht nicht.
Ich kann nichts ändern.
Ich kann
dieses Aufseufzen, Resignieren der Jünger gut verstehen.
„Wir haben nichts zu geben.
Wir haben nichts als 5 Brote und 2 Fische.“
Das ist nichts
angesichts dieser großen Menschenmenge.
Das ist nichts angesichts der Not dieser Welt.
Absolut richtig.
Und Jesus?
Läßt sich nicht auf diese Diskussion ein, ob das was bringt –
Jesus zählt nicht, wieviel Tropfen auf einem heißen Stein man braucht,
bis er nass wird.
Jesus sagt
statt dessen: Bringt mir, was ihr habt.
Bringt 5 Brote und 2 Fische.
Was sind meine
5 Brote, meine 2 Fische, die ich in der Tasche haben?
Was könnte ich einbringen?
Ganz erstaunt, dass Jesus damit etwas anfangen kann.
Dass Jesus das gebrauchen kann, um damit das Reich Gottes zu bauen.
Vor einigen
Tagen las ich einen kleinen Artikel im Internet.
Ein Amerikaner schrieb:
Wie läßt sich dieser Kreislauf aus Gewalt
und Gegengewalt durchbrechen?
Was können wir dem politischen Irrsinn, den wir erleben, entgegensetzen?
Das war sein Thema.
Und nach einer Beschreibung bzw. Analyse der Situation,
in der wir heute leben,
gab er sehr praktische kleine Antworten.
Antworten, die zu den 5 Broten und 2 Fischen aus Matthäus 13 passen.
Er beschrieb
4 kleine Gesten, die er versucht in seinen Alltag einzubauen:
Sag heute ein Wort, einen Satz, der
einer ängstlichen Person Mut macht.
Halte jemandem die Hand und
verbreite Ruhe.
Schau heute jemandem, den du nicht
kennst, in die Augen und entdecke, dass ihr euch nicht fremd seid.
Schenke jemandem ein unerwartetes Lächeln.
Kleine
Fische würden wir sagen.
Was soll das bringen?
Vielleicht hat
der Autor dieses Artikels Matthäus 13 gelesen.
„Bringt mir eure 5 Brote und 2 Fische,“ sagt Jesus –
blickte auf zum Himmel, dankte, brach die Brote und gab sie seinen Jüngern.
Die 4 Gesten
sind für den Autor nicht nur kleine verhaltenstherapeutische Angebote,
sondern entspringen einer Haltung – nämlich der Dankbarkeit.
Dankbarkeit, dass ich in einer Gemeinschaft eingebunden bin und hineingehöre.
Dank, dass ich schon Mut und Vertrauen in meinem Leben erfahren habe.
Diese
Dankbarkeit teile ich durch diese 4 kleinen Gesten mit anderen.
Ich sage einen
Satz, der Mut macht.
Ich halte jemandem die Hand und gebe ihm so das Gefühl „du bist nicht allein“
Ich nehme mir einen Augen-Blick Zeit für einen Unbekannten.
Ich schenke jemandem ein unerwartetes Lächeln.
Jesus traut
seinen Jüngern zu,
dass sie mit 5 Broten und 2 Fischen Gemeinschaft stiften können
und Not lindern.
Und damit
sind wir wieder bei Paulus und seinen Ermahnungen zum Leben der Gemeinde.
Diese Aufzählungen des Paulus machen uns ja schnell müde
und geben uns ein Gefühl der Überforderung. Die Liebe sei ohne Falsch.
Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt.
Segnet, die euch verfolgen:
Wie sollen wir das schaffen?
„Kommt, bringt mir eure 5 Brote und eure 2 Fische“
Bringt mir eure kleinen Versuche der Freundlichkeit.
Bringt euer geschenktes Lächeln.
Denkt nicht zu gering von dem Moment,
wo ihr euch Zeit für ein Gespräch genommen
oder einfach mal stille eine Hand gehalten habt.
Seht
einander.
Freut euch mit den Fröhlichen und weinet mit den Weinenden.
Teilt eure kleinen Brote und Fische.
Und blickt mit Dankbarkeit darauf, was ihr da tut.
Von links nach rechts: Jakob, sein Bruder Esau, Vater Isaak und Mutter Rebekka.
Zu sehen am Freitag in der Kinderkirche / 16 h: Die Geschichte von Esau und Jakob.
Worum geht’s da eigentlich? “Jakob ergaunert sich das Erstgeburtsrecht und den Segen Gottes” – hm, klingt ziemlich weit weg.
Den andern austricksen, um selbst das beste Stück zu bekommen. Erfülltes Leben – auf Kosten des anderen
Für die Kinder: Familienleben. Zwei Brüder, die so verschieden sind, dass sie nicht immer was miteinander anfangen können. Die sich austricksen und anlügen, wütend aufeinander sind. Wen haben die Eltern mehr lieb? Und Gott – mag der einen von den beiden auch lieber?
Der Aufbau des Gerüsts in der Kirche hat gestern begonnen. Ebenso das Einhausen der Orgel. Die alten Lampenschirme sind in Sicherheit gebracht, Sitzpolster, Klavier….
Spendenmäßig sind wir bei 28.500 – Euro. Das ist schon super. Für die Spender gibt’s eine Einladung zur “Decken-Preview”, wenn alles fertig ist – ehe die Kirche wieder geöffnet wird. Fehlen noch 30.000 – …..
Ein Weihnachtsbild – gefunden in der Aachener Citykirche St. Nikolas (ohne Titel und Künstler) – dazu ein paar theologische Gedanken fürs neue Jahr.
Brian McLaren, ” The Great Spiritual Migration” (Convergent 2016, page 2-3 / 42):
For
centuries, Christianity has been presented as a system of beliefs. That
system of beliefs has supported a wide range of unintended
consequences, from colonialism to environmental destruction,
subordination of women to stigmatization of LGBT people, anti-Semitism
to Islamophobia, clergy pedophilia to white privilege. What would it
mean for Christians to
rediscover their faith not as a problematic system of beliefs, but as a
just and generous way of life, rooted in contemplation and expressed in
compassion, that makes amends for its mistakes and is dedicated to
beloved community for all? Could Christians migrate from defining their
faith as a system of beliefs to expressing it as a loving way of life? .
. .
For
centuries, Christians have presented God as a Supreme Being who showers
blessings upon insiders who share certain beliefs and proper
institutional affiliation, but who punishes outsiders with eternal
conscious torment. Yet Jesus revealed God as one who “eats with
sinners,” welcomes outsiders in, and forgives even while being rejected,
tortured,
and killed. Jesus associated God more with gracious parental tenderness
than strict authoritarian toughness. He preached that God was to be
found in self-giving service rather than self-asserting domination. What
would it mean for Christians to let Jesus and his message lead them to a
new vision of God? What would it mean for Christians to understand,
experience, and embody God as the loving, healing, reconciling Spirit in
whom all creatures live, move, and have their being?
For centuries, Christianity has presented itself as an “organized religion”—a change-averse institution or set of institutions that protects and promotes a timeless system of beliefs that were handed down fully formed in the past. Yet Christianity’s actual history is a story of change and adaptation. We Christians have repeatedly adapted our message, methods, and mission to the contours of our time. What might happen if we understood the core Christian ethos as creative, constructive, and forward-leaning—as an “organizing religion” that challenges all institutions (including its own) [as Jesus did] to learn, grow, and mature toward a deepening, enduring vision of reconciliation with God, self, neighbor, enemy, and creation? . . .
If such a migration is possible, how would we describe that way of life toward which we are moving?